Brief an Bundesregierung Bürgermeister sprechen sich für Nutzung von Nord Stream 2 aus

Stand: 28.07.2022 | Lesedauer: 3 Minuten

Gazprom hat deutlich mehr Kapazität bei der Transgas-Leitung durch die Slowakei gebucht als in den vergangenen Tagen, um die Drosselung bei Nord Stream 1 zu kompensieren. Trotzdem sei die Verlässlichkeit, die es einmal bei der Lieferung russischen Gases passé, sagt WELT-Korrespondent Christoph Wanner.
Quelle: WELT

"Der von der Bundesregierung eingeschlagene Weg, sich von den Energieträgern Russlands zu trennen, ist nicht der Richtige", heißt es in einem Schreiben von Kommunalpolitikern. Um die Energiesicherheit zu gewährleisten, bringen sie Nord Stream 2 ins Spiel.

Kommunalpolitiker von der Insel Rügen haben in einem Schreiben an Landes- und Bundesregierung die Nutzung der umstrittenen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 vorgeschlagen. Der Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, ist von sieben Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen unterschrieben. Wie der Sassnitzer Bürgermeister Frank Kracht (parteilos) am Mittwoch der dpa schrieb, hätten es nachträglich noch mehrere weitere Gemeinden unterzeichnet. Zuvor hatte der NDR darüber berichtet.

Es gehe nicht darum, Nord Stream 2 "auf Krampf" wieder zu aktivieren. Vielmehr gehe es um dauerhafte Energiesicherheit, sagte Kracht. Wenn es technische Schwierigkeiten gebe, diese etwa über die Pipeline Nord Stream 1 zu gewährleisten, müsse man neue Wege finden. Nord Stream 2 sei eine Möglichkeit.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vor einer Woche erneut die Pipeline Nord Stream 2 ins Spiel gebracht. Diese könne in Betrieb genommen werden, sagte er im Zusammenhang mit den gedrosselten Lieferungen durch Nord Stream 1. Die Bundesregierung lehnt eine solche Inbetriebnahme ab. Nord Stream 2 ist nicht genehmigt, ein Zertifizierungsverfahren wurde im Februar gestoppt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Dienstag, der Kreml wolle über den hohen Gaspreis die Solidarität in Europa aufbrechen und auf eine Genehmigung von Nord Stream 2 hinwirken.

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Mit Blick auf den Angriff Russlands auf die Ukraine heißt es in dem Schreiben der Bürgermeister, man verurteile "auf das Schärfste dieses Kriegsgeschehen". Dennoch gelte es abzuwägen, wie groß die Schäden für die Bevölkerung und die Wirtschaft in der eigenen Region werden könnten.

Das Schreiben ging Kracht zufolge unter anderem an die Schweriner Staatskanzlei sowie an den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck \(Grüne\).

"Wir sind der Meinung, dass der von der Bundesregierung eingeschlagene Weg, sich von den Energieträgern Russlands zu trennen, nicht der Richtige ist." Um die Energiesicherheit, insbesondere die Versorgung mit Gas, ausreichend zu gewährleisten, empfehle man zusätzlich zu Nord Stream 1 die Nutzung von Nord Stream 2.

In dem Papier ist die Rede von Sorgen angesichts der Planungen der Bundesregierung zur Gasversorgung und der dafür notwendigen Infrastruktur. Derzeit geplante Alternativen gingen mit enormen Kosten- und Zeitaufwand einher. Der geplante Ausbau der Windkraft wird kritisiert.

Neben Krachts Unterschrift führt das Schreiben von Mitte Juli die Unterschriften sechs weiterer Verwaltungsoberhäupter, darunter etwa Anja Ratzke (Bergen, parteilos) oder Reinhard Liedtke (Sellin, parteilos).

Rückenwind von der AfD

Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass die AfD sich hinter die Rügener Bürgermeistern stellt.

"Die Kritik der Bürgermeister an der verheerenden Energiepolitik der Ampel ist absolut berechtigt. Die Preisexplosion, die durch die weiter steigenden Energiekosten auf immer neue Höhen getrieben wird, ist für immer mehr Bürger nicht zu stemmen", sagte Leif-Erik Holm, wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und Landessprecher in Mecklenburg-Vorpommern am Donnerstag. Es dürfe in der Energiekrise keine Denkverbote geben.


Quelle: welt.de